Mein Tag

Versponnen die Vergangenheit
Meine Helden
Im Frack hinter Glas
Stehen stumm
Mit Pralinen im Arm

Verweilen im Traum
Ausgeliefert dem Wind wie ein Blatt
Ich Kind mit alten
Wunden werfe Anker
Vor unbekannten Küsten

Versiegt die Tränen von gestern
Lecke das Salz von den Lippen
Pelle die Kruste von meiner Haut
Schmecke und rieche
Locke mit all meinen Sinnen

Den Tag
Versprochen in Blau
teile den Himmel
greife die Sonne
mit ihr auf Du und Du mein Herz

Mein Tag

© Ursula Engel


DIE VOYAEURIN
 
Ich die Nacht
gerade geboren
stürze mich
in den Strom des Lebens

In mir brennt
die Neugier
die jetzt mit mir sparziert

Mein Freund der Mond
ist stets mein Begleiter
die Luft Hand in Hand mit mir

Ich bin gern mit den Katzen
in den hinteren Gassen
beäuge ihr heimliches Tun

Sehe den Tänzer in seiner Ekstase
in dem Rhythmus der Musik
umschlinge und verführe ich ihn

Liebe den Sommer
wenn die Leidenschaften brennen
nicht den Winter
mit seiner kalten und rauen Haut

Ich finde das Kind
das gerade
das Licht der Welt erblickt
und den Mann
der sein Leben auslöscht

Teile die Freude
mit den Glücklichen
leide mit denen
die weinen
und bedaure die
die zu zweit alleine sind

Begleite die Süchtigen
in ihrem Rausch
die eine kurze Zeit
glücklich sind

Ich schütze die Gedanken
die Gewollten und die
nicht sein sollten

Bin stummer Zeuge
von Mord und Verbrechen
unter meinem Mantel
kann man unerkannt fliehen

Ich nächtige gerne im Osten
wo die Mandelbäume blühen
am Fluss der Düfte
stehe ich Sterne
glitzern und glühen

Bald kommt der Tag
ihm muss ich mich beugen

Ich muss mich beeilen

© Ursula Engel


DER REGENMANN

Er liebt die Macht  
lässt auf sich warten              
Kommt nie nach Wunsch              
oft spät des Nachts                  
bleibt bis zur                   
Morgendämmerung                  

Geliebt, gehasst
geizt nicht
mit dem Nass
Er reizt die Augen
Wind trägt seinen Geruch

Im Frühjahr
geliebt und empfangen
von Mutter Erde - sie
saugt ihn auf wie
ein Schwamm
Spuckt ihn wieder aus
Duft nach Geburt

Im Sommer
folgt er Blitz und Donner
In Tränen erwacht
Liebling Rose
Der Durst
ist gestillt und
Atem strömt
in Gottes Garten

Im Herbst
paart er sich
brachial mit dem Wind
ohrfeigt und peitscht
Treibt es wild
mit den Schwachen

Im Winter
frisst er nass und kalt
sich ins Innere
bringt Schmerzen
Er liebt die Macht
lässt auf sich warten

(c) Ursula Engel